headerbild

Geschichte der Nordbahn - Teil 2 - 1996-2012

In der ersten Ausgabe unserer Nordbahn News gaben wir einen Einblick in die Vorgeschichte unserer Werkstatt, berichteten über die offizielle Eröffnung am 22. Juni 1992, die sich in diesem Jahr zum 20. Mal jährt und beendeten unseren Artikel mit der Ernennung von Christoph Brun als alleinigen Geschäftsführer. Im folgenden Artikel wollen wir über die kontinuierliche Entwicklung erzählen, die wir seit jenen Tagen genommen haben.

Harter Sanierungskurs

Im Jahr 1996 wurde Christoph Brun alleiniger Geschäftsführer der Nordbahn gGmbH und war als solcher mit einer ausgesprochen angespannten finanziellen Situation konfrontiert. Nur ein strenges Sanierungskonzept, von dem alle Bereiche der Werkstatt betroffen waren, konnte das junge Unternehmen retten. Es herrschte absolute Haushaltssperre, die auch entsprechende personelle Entscheidungen nach sich zog. Nach diesem Paukenschlag ging die Nordbahn über in eine lange Phase des Wachstums. Jede Möglichkeit der Förderung wurde ausgeschöpft und in die Entwicklung der Werkstatt gesteckt. Von 115 Mitarbeitern mit Behinderung und 13 Angestellten im Jahr 1992 stieg die Beschäftigtenzahl bis Ende letzten Jahres auf 408 Mitarbeiter mit Behinderung und 89 Angestellte.

Bauprojekte

Das Wachstum der Beschäftigten um ein Vierfaches ging einher mit der baulichen Erweiterung. Bereits Anfang der 90er Jahre gab es ein Umbaukonzept. Diese Pläne mussten allerdings verworfen werden, weil sie sich als zu klein erwiesen. Die schnelle Expansion forderte Ende der Neunziger Jahre einen neuen Architektenentwurf, der zusätzlich zur Sanierung des Haupthauses auch die seitlich angebauten Baracken mit einbezog. Auch der Bau eines komplett neuen Werkstattgebäudes wurde schnell vorangetrieben. So konnte im Mai 2001 die Grundsteinlegung und an einem regnerischen Septembertag desselben Jahres das Richtfest gefeiert werden. Das Gebäude beherbergt heute die Druckerei, Teile der Holzbearbeitung und des Bereiches Montage/Verpackung. Damit war das Baugeschehen aber nicht abgeschlossen. Im Jahr 2008 konnte die Nordbahn eine neue Industriehalle auf dem Betriebsgelände einweihen. Dort fanden der Sondermaschinenbau sowie zwei Arbeitsgruppen der industriellen Montage ihr neues Domizil. Parallel wurden auch die Außengelände umgestaltet, neue Werkstraßen und Parkplätze angelegt, die Anlage neu bepflanzt und die Fassade des Altbaus ansprechend gestaltet. Um für künftige Projekte gerüstet zu sein, wurde 2009 ein Teil des Nachbargrundstücks erworben. Leider sind die Nutzungsrechte noch nicht vollends geklärt.

Alte und neue Bereiche

Nicht nur baulich hat sich seit 1996 viel in der Nordbahn bewegt. Schrittweise bildeten sich die einzelnen Produktionsbereiche heraus. Bereits in den frühen 90zigern existierten eine kleine Tischlerei und die Keramikwerkstatt. Auch die Hauswirtschaft, eine kleine Schneiderei und die Küche waren von Anfang an dabei. Aus einfachen Konfektionierungsarbeiten für einen großen Büroartikelhersteller entwickelte sich nach und nach der Bereich Montage und Verpackung – heute der größte Bereich der Werkstatt. Die Druckerei begann 1993 mit ihrer Arbeit. Zunächst wurde noch im Frohnauer Fürst Donnersmarck-Haus gedruckt, denn die Stiftung war der größte Auftraggeber. Als das Auftragsvolumen an die Kapazitätsgrenzen stieß, wurde auch der Druck nach Schönfließ verlagert. Im Laufe der nächsten Jahre eröffnete die Nordbahn die Dienstleistungsbereiche Grünlandpflege, Pferdedeckenservice sowie Hauswirtschaft. Als Besonderheit der Nordbahn gGmbH kam der Sondermaschinenbau hinzu, mit dessen Hilfe Produktionsprozesse automatisiert werden. Als weiteres Novum wurde 2010 das zentrale Lager als ein Extra-Arbeitsbereich eingerichtet. All dies erforderte ständige konzeptionelle und räumliche Anpassungen.

Die Betreuung unserer Mitarbeiter mit Behinderung

So wichtig die Arbeit in den Produktionsbereichen auch ist, die Nordbahn wird vor allem daran gemessen, wie sie ihre Mitarbeiter mit Behinderung betreut, fachlich fördert und persönliche Entwicklungschancen eröffnet. Auch hier gab es einen enormen Schub. Der Begleitende Dienst mit seinen sozialpädagogisch geschulten Fachkräften hat die Aufgabe, die Mitarbeiter mit Behinderung in persönlichen Belangen und beim beruflichen Fortkommen zu unterstützen. Der Begleitende Dienst war von Beginn an ein wichtiges Instrument. In den folgenden Jahren ging es dann immer mehr um eine zielgruppengerechte Betreuung und daher auch um eine Spezialisierung in den einzelnen Bereichen der Betreuung.

Im November 1995 erließ das Land Brandenburg den Beschluss, für schwerstmehrfachbehinderte Menschen aufgrund ihrer eingeschränkten Gemeinschaftsfähigkeit und ihres hohen Pflegebedarfs Sondergruppen in den Werkstätten einzurichten. Binnen kurzem schuf die Nordbahn den Förder- und Beschäftigungsbereich, der derzeit 30 behinderte Mitarbeiter beschäftigt. Im Jahr 2001 öffnete sich die Nordbahn für Menschen mit psychischer Erkrankung. Die meisten von ihnen arbeiten in einer eigens dafür geschaffenen Abteilung. Wenn sich die Mitarbeiter hier stabilisieren konnten, gibt es auch die Möglichkeit des Wechsels in die Produktionsbereiche. Als jüngstes Projekt können wir auf unser „Stellwerk“ verweisen. Hier werden mittels Langzeitpraktika, persönlichen Trainingsmaßnahmen und einem beruflichen Coaching, Weichen gestellt, die in einen Arbeitsplatz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt münden.

Wechsel in der Führung

Das Jahr 2010 brachte für die Nordbahn gGmbH einige Turbulenzen. Der langjährige Geschäftsführer Christoph Brun verabschiedete sich in den Ruhestand. Seinen Platz übernahm interimsweise Jens Fischer, der aus der Politik, Wirtschaft und dem sozialen Sektor viel Erfahrung einbrachte. Seit November 2010 steht mit Nicola Pantelias erstmalig eine Frau an der Spitze des Unternehmens. Unter ihrer Regie wurden innovative Projekte angeschoben. So zum Beispiel das Projekt „Stellwerk“ und erweiterte Angebote an Kursen, Trainings und gesundheitsfördernden Maßnahmen. Auch am Erscheinungsbild und an der medialen Präsenz (Broschüren, Hauszeitungen etc.) der Nordbahn wurde weiter gearbeitet.

Ruth Klawohn und Marlis Werner